Wir stehen auf… Assistenz

Persönliche Assistenz wird in Iserlohn vermittelt

Menschen mit Behinderung soll laut Bundesteilhabegesetz alles ermöglicht werden,

um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Dazu gibt es unter anderem die

Persönliche Assistenz, die alle Bereiche des Alltages umfasst.

Was das genau bedeutet und welche Schwierigkeiten

Betroffene bei der Antragstellung

und vielem mehr haben, hatte Gilbert Krüger

während der jüngsten Sitzung des Beirates

für Menschen mit Behinderung kurz und im

folgenden Gespräch mit der Heimatzeitung

ausführlich skizziert. Das Besondere bei dem

Mitarbeiter des Vereins „Ambulante Pflege

Gemeinschaftsdienst“, der sich neben einem

Standort im Stübbeken auch am Meisenweg

etabliert hat, ist die Tatsache, dass er selbst

Persönliche Assistenz in Anspruch nimmt.

Der 34-J hrige hatte während der Geburt die Nabelschnur drei Mal um den Hals gewickelt,

woraus eine Infantile Cerebralparese entstand, die eine Störung des Bewegungszentrum

bedeutet. Deshalb ist Gilbert Krüger auf einen Rollstuhl angewiesen.

 

Realität stimmt nicht mit gesetzlichen Vorgaben überein

 

Dass die Realität sich häufig ganz anders darstellt als im Bundesteilhabegesetz festgeschrieben,

wurde bereits in seinem Kurzvortrag während der Ausschusssitzung deutlich.

Zum einen erwartet die Antragsteller ein behördlicher Wust, der mit der Zuständigkeit

der Kostenträger beginnt: Das kann der Landschaftsverband Westfalen-Lippe

(LWL), die Kranken- oder Pflegekasse, das Sozialamt oder die Agentur für Arbeit sein.

Manchmal sind auch gleich mehrere zuständig – je nachdem, welche Assistenz benötigt

wird. „Oft ist das ein Kostenträger-Pingpong“, erzählt Krüger. Manchmal dauere

eine Bewilligung bis zu 14 Monate, was nichts mit der Pandemie zu tun habe.

Anspruch auf Persönliche Assistenz hat jeder, der Anspruch auf Eingliederungshilfe

hat. Der Umfang kann von wenigen Stunden am Tag bis hin zu einer 24-stündigen

Unterstützung reichen. Gilbert Krüger beispielsweise kann durch seine Erkrankung

nicht Auto fahren, so bedeutet ein Teil seiner Assistenz, dass er von seinem Wohnort

Herne zu seiner Arbeitsstelle nach Iserlohn gebracht wird. Den ersten Antrag habe er

2007 gestellt, als er sein Studium der Gemeindepädagogik und Diakonie aufnahm.

„Ich kann mit der Hand nicht so schnell mitschreiben“, sagt der ausgebildete Bürokaufmann.

Er war zunächst selbst „Kunde“ beim Gemeinschaftsdienst Bochum, hatte dadurch

auch den heutigen Iserlohner Pflegedienstleiter Tim K hler kennen gelernt. Der wiederum

hat sich intensiv mit Persönlicher Assistenz beschäftigt und angeregt, solche

Kräfte auch in Iserlohn zu vermitteln. „Laut LWL sind wir hier im Kreis die Einzigen“,

so Köhler.

Da eine sogenannte Peer-Beratung – also von Betroffenen für Betroffene – angestrebt

war, kam Gilbert Krüger ins Spiel, vor fast genau einem Jahr nahm er seine Tätigkeit

auf. Er ist nun zuständig für die Vermittlung von Assistenzkräften, Hilfe bei der Antragstellung

und bei der Kontaktherstellung zu anderen Fachleuten, wenn die eigene

Expertise nicht ausreicht, beispielsweise an die Unabhängige Teilhabeberatung oder

Mutter-Vater-Kind-Einrichtungen.

 

Klienten bestimmen selbst, was sie ben tigen

 

Krüger betont, dass es sich bei der Persönlichen Assistenz nicht um einen Intensivpflegedienst

handelt, auch wenn es Hilfestellungen etwa bei der Körperpflege gehe.

Vielmehr sei es eine Unterstützung, die unter anderem – je nach Bedarf – die Bereiche

Haushalt, Freizeit, Arbeit, Familie und vieles mehr beinhaltet. Anders als beispielsweise

bei ambulanten Pflegediensten, die nach festem Terminplan und für konkrete

Aufgaben eingesetzt werden, bestimmen die Klientinnen und Klienten bei der

Persönlichen Assistenz selbst, was sie möchten.

„Viele haben Bedarf, wissen aber gar nicht, was ihnen zusteht“, weiß  Gilbert Krüger.

Tim Köhler ergänzt: „Oft gibt es auch Ängste, sich mit Persönlicher Assistenz zu umgeben.“

Er versteht die Bedenken von Menschen, die beispielsweise zunächst alle Unterstützung,

die sie benötigen, von ihren Eltern bekommen haben, dann aber zu

Beispiel in eine eigene Wohnung ziehen möchten.

Erreichbar ist Gilbert Krüger unter 02371/3510815 oder per E-Mail an krueger@gemeinschaftsdienst.de